Samstag, 7. April 2012

Grass "dichtet" Blech und trommelt auf sich ein



Grass schafft sich ab

Grass schrieb ein Gedicht für drei Zeitungen, zunächst waren es drei, nun sind es alle. Trotzdem bemängelte Grass, dass der Inhalt seines Gedichtes, das eher ein Pamphlet ist, nicht genau genug gelesen wird. Nach dieser Rüge las er es selbst nochmal durch und stellte fest, er habe die Juden allgemein gar nicht gemeint.
  1. "Warum schweige ich, verschweige zu lange,
  2. was offensichtlich ist und in Planspielen
  3. geübt wurde, an deren Ende als Überlebende
  4. wir allenfalls Fußnoten sind.
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  5. Es ist das behauptete Recht auf den Erstschlag,
  6. der das von einem Maulhelden unterjochte
  7. und zum organisierten Jubel gelenkte
  8. iranische Volk auslöschen könnte,
  9. weil in dessen Machtbereich der Bau
  10. einer Atombombe vermutet wird.
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  11. Doch warum untersage ich mir,
  12. jenes andere Land beim Namen zu nennen,
  13. in dem seit Jahren - wenn auch geheimgehalten -
  14. ein wachsend nukleares Potential verfügbar
  15. aber außer Kontrolle, weil keiner Prüfung
  16. zugänglich ist?
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  17. Das allgemeine Verschweigen dieses Tatbestandes,
  18. dem sich mein Schweigen untergeordnet hat,
  19. empfinde ich als belastende Lüge
  20. und Zwang, der Strafe in Aussicht stellt,
  21. sobald er missachtet wird;
  22. das Verdikt "Antisemitismus" ist geläufig.
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  23. Jetzt aber, weil aus meinem Land,
  24. das von ureigenen Verbrechen,
  25. die ohne Vergleich sind,
  26. Mal um Mal eingeholt und zur Rede gestellt wird,
  27. wiederum und rein geschäftsmäßig, wenn auch
  28. mit flinker Lippe als Wiedergutmachung deklariert,
  29. ein weiteres U-Boot nach Israel
  30. geliefert werden soll, dessen Spezialität
  31. darin besteht, allesvernichtende Sprengköpfe
  32. dorthin lenken zu können, wo die Existenz
  33. einer einzigen Atombombe unbewiesen ist,
  34. doch als Befürchtung von Beweiskraft sein will,
  35. sage ich, was gesagt werden muss.
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  36. Warum aber schwieg ich bislang?
  37. Weil ich meinte, meine Herkunft,
  38. die von nie zu tilgendem Makel behaftet ist,
  39. verbiete, diese Tatsache als ausgesprochene Wahrheit
  40. dem Land Israel, dem ich verbunden bin
  41. und bleiben will, zuzumuten.
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  42. Warum sage ich jetzt erst,
  43. gealtert und mit letzter Tinte:
  44. Die Atommacht Israel gefährdet
  45. den ohnehin brüchigen Weltfrieden?
  46. Weil gesagt werden muss,
  47. was schon morgen zu spät sein könnte;
  48. auch weil wir - als Deutsche belastet genug -
  49. Zulieferer eines Verbrechens werden könnten,
  50. das voraussehbar ist, weshalb unsere Mitschuld
  51. durch keine der üblichen Ausreden
  52. zu tilgen wäre.
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  53. Und zugegeben: ich schweige nicht mehr,
  54. weil ich der Heuchelei des Westens
  55. überdrüssig bin; zudem ist zu hoffen,
  56. es mögen sich viele vom Schweigen befreien,
  57. den Verursacher der erkennbaren Gefahr
  58. zum Verzicht auf Gewalt auffordern und
  59. gleichfalls darauf bestehen,
  60. dass eine unbehinderte und permanente Kontrolle
  61. des israelischen atomaren Potentials
  62. und der iranischen Atomanlagen
  63. durch eine internationale Instanz
  64. von den Regierungen beider Länder zugelassen wird.
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  65. Nur so ist allen, den Israelis und Palästinensern,
  66. mehr noch, allen Menschen, die in dieser
  67. vom Wahn okkupierten Region
  68. dicht bei dicht verfeindet leben
  69. und letztlich auch uns zu helfen."

Kritik am Grass-Prosa-Gedicht: Was gesagt werden muss (meine ich nun auch)

Der Vierzeiler der ersten Strophe kommt nicht mehr vor, Fünf- und Sechszeiler folgen willkürlich. Gesetzmäßigkeit ist schwer zu finden, also ist es kein herkömmliches Gedicht, sondern ein Prosa-Gedicht, eine Form, die Grass schon früher verwendet hat. Die Frage, ob es sich um ein Gedicht handelt, muss bejaht werden, Prosa-Gedichte sind inzwischen eine legitime Form.

Nun zum Inhalt. Grass stellt in 1-4 ein Ende in Aussicht und bezeichnet sich selbst mit etwas Glück als "Fußnoten-Überlebenden", eine witzige Vorstellung, da er bereits 85 Jahre alt ist (mein Respekt). Offenbar wollte er sich vor seinem Ableben schnell noch als "Überlebenden" deklarieren und sich den Shoah-Überlebenden an die Seite schummeln. Diese Vorstellung ist nun aber erst recht aberwitzig, da er SS-Mann war.

In 5-10 beschäftigt er sich mit dem atomaren Erstschlag, den alle Atombomben-Länder zur Abschreckung beanspruchen. Hitler hätte den Erstschlag durchgeführt, wenn er gekonnt hätte. Seine fieberhaften Versuche liefen alle in Richtung einer solchen "Wunderwaffe". Vor der Abschreckung wagte den Erstschlag nur eine einzige Nation, aber auch nur deshalb, weil sie damals die einzige Atom-Macht war. Sobald ein Gleichgewicht des Schreckens entstand, wagte kein Land mehr den Erstschlag. Am wenigsten ist Israel ein solcher Erstschlag zuzutrauen. Angriffe auf Nuklear-Anlagen des Iran könnten allenfalls mit konventionellen Waffen durchgeführt werden. Die Atombombe ist Tabu, weil die eigene Existenz extrem gefährdet wäre. Kein Israeli würde das iranische Volk "auslöschen" können und wollen. Dann frage ich mich, warum Grass dieses Gedicht überhaupt geschrieben hat. Vielleicht findet sich am Ende eine Antwort.

In 11-16 beschreibt Grass einen alten Hut, nämlich dass Israel über Atom-Waffen verfügt, die angesichts seiner Bedrängtheit in der Arabischen Welt als Abschreckung dienen. Diese Tatsache rechtfertigt ein solches Prosa-Gedicht jedenfalls nicht. Dann würden wir ein Gedicht Pakistan, Indien, Nordkorea etc. erwarten, wo der Finger am Atom-Abzug wesentlich lockerer und zittriger hantiert als ausgerechnet in Israel.

In 17-22 quält sich Grass damit herum, ob er nun wieder als Antisemit gelten würde und ob dies strafbar sei. So etwas gehört nicht in ein Gedicht, meine ich. Er ist ängstlich und will mit schlechtem Stil vorbauen, 

In 23-35 steht eine wichtige Aussage. Grass kritisiert zurecht die deutsche Lieferung eines U-Boots nach Israel, das Atom-Sprengköpfe abfeuern kann und damit die Abschreckung auch wirklich glaubhaft macht. Grass lenkt diese Sprengköpfe in eigener Logik auf den Iran. Ist er israelischer Premier oder General? Woher nimmt er diese Logik? Die deutsche Lieferung könnte noch angegriffen werden, die Verwendung aber liegt jenseits allen Wissens eines Grass. Legt man orthodoxes Judentum zugrunde, verbietet sich schon aus Glaubens-Gründen ein Erstschlag. Er ist einfach nicht möglich. Grass schafft sich mit seinem Prosa-Gedicht ab, Israel schafft sich nicht ab und baut auf eine Jahrtausende alte tief gläubige Tradition, die vorschreibt, nicht morden, stattdessen vergelten zu dürfen. Ein atomarer Erstschlag wäre Völkermord. Nein, niemals wird der unausgesprochene Grass-Wunsch in Erfüllung gehen, Israel agiere wie einst Hitler. Niemals! Grass ist auf einen Holzweg geraten, um seine Vergangenheit aufzuarbeiten. Persönliche Wehwehchen mischen sich mit der Hybris, auf komplizierte Welt-Politik Einfluss nehmen zu können. 

Die Zeilen 36-52 sind anbiederisch, sentimental und auch zutiefst unwahrhaftig. Deutschland als Zulieferer eines "voraussehbaren" Verbrechens am Weltfrieden, das Israel bar jedes Wissens angelastet wird, ist darin wieder in der Kritik. Grass ängstigt sich aufgrund eigener Vermutungen zulasten Israels. Die Krieg-Treiberei des Iran wird völlig außer Acht gelassen. Diese Einseitigkeit wirkt nicht besonders intelligent.

In 53-64 ist Grass der "Heuchelei" des Westens überdrüssig, heuchelt aber selbst. Er kann den Widerspruch, SS-Mann gewesen zu sein und nun atomaren Gewalt-Verzicht zu fordern, nicht ausreichend klären. Der Applaus von Neonazis ist heftig und wird von ihm irgendwie auch angenommen, angeblich passiv angenommen. Eine "internationale Instanz" soll helfen, belehrt Grass.

65-69 vergisst Grass, den Begriff einer "vom Wahn okkupierten Region" auch auf Syrien zu beziehen. Grass ist eben auf Israel, auf die Juden, auf die israelische Regierung fixiert, so wie es sich für einen alternden Kämpen der Blut-treuen SS gehört.




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